Themenraum Design
Josef und Anni Albers gehörten zu den stilprägenden Persönlichkeiten der Bauhaus-Ära. Im Film sind sie von Beginn an an der Seite der Figur Lotte und haben maßgeblichen Einfluss auf ihre Karriere am Bauhaus und darüber hinaus.
Seit seinem Studienbeginn am Bauhaus beschäftigte sich der reale Albers vorrangig mit abstrakter Kunst. Er trieb durch seinen innovativen Geist die Entwicklung der Glaswerkstatt maßgeblich voran. Inspiriert durch die Materialkunde in Ittens obligatorischen Vorkurs, den auch Lotte im Film durchläuft, begann Albers 1921 Experimente mit Glasabfällen. Aus diesen entstanden ab 1925 seine ikonografischen abstrakten Glasbilder.
Kurz vor der für das Fortbestehen des Bauhauses so wichtigen ersten öffentlichen Ausstellung im Haus im Horn 1923, spricht Gropius zu den Studierenden in der Tischlerei-Werkstatt. Wie schon in Ittens Vorkurs propagiert, erläutert Gropius noch einmal, dass die Studierenden bei der Schaffung von Bauhaus-Objekten immer die Funktion mitbedenken sollen. Design ohne Zweck ist für das Bauhaus irrelevant.
„Um die Dinge richtig zu gestalten, müssen wir ihr Wesen durchdringen, ihren Zweck erforschen und ihre Funktion bestimmen. Das gilt für einen Stuhl ebenso wie für einen Tisch oder ein Haus. Es freut mich sehr zu sehen, dass Sie genau das tun. Weiter so.“
Walter Gropius
Im Film „Lotte am Bauhaus“ wird der Wassily-Stuhl B3 von Marcel Breuer nicht explizit erwähnt. Aber Gropius (gespielt von Jörg Hartmann) hält im Film eine flammende Rede auf die Einheit von Kunst und Technik. In diesem Klassiker des Bauhaus-Designs ist diese Einheit dadurch bestimmt, dass ein Produkt vor allem nützlich und effizient hergestellt wird. Die Ästhetik sollte maßgeblich von der Funktion eines Produkts geprägt sein.
Breuers Stuhl ist der „am wenigsten künstlerische, am logischsten, am wenigsten wohnlich, am meisten maschinenmäßig”, so Breuer selbst. Die Konstruktion des B3 verkörpert die auf Funktion ausgerichtete maschinelle Ästhetik der beginnenden Moderne. Das kubische Design und das leichte Gestell sollte als Gegenentwurf zu den sperrigen Sitzmöbeln der Zeit verstanden werden.
Im Rahmen der Ausstellung im Haus am Horn 1923 erklärt Lotte einer potentiellen Käuferin ihrer Kinderzimmermöbel die bewusste Entscheidung für die Bauhaus-Farben rot, gelb und blau. Diese drei Grundfarben hatten einen maßgeblichen Einfluss auf die Werke der ersten öffentlichen Bauhaus-Ausstellung.
„Gibt es die Sachen auch in Mädchenfarbe?“
Ausstellungsbesucherin
„Ich hab mich eigentlich bewusst für die Grundfarben entschieden, weil Farben ja auch eine psychologische Wirkung haben.“
Lotte Brendel
In „Lotte am Bauhaus“ schwört Gropius seine Studierenden auf den neuen Leitsatz des Bauhauses ein: „Kunst und Technik eine neue Einheit“. Schlichtheit war das dominierende Gestaltungskonzept des Bauhaus-Designs. Auch sollten Bauhäusler das Wesen eines Gegenstands durchdringen, um seine wahre Funktion zu bestimmen. Nur so könne, laut Gropius, eine neue Form des Designs im Sinne des Bauhauses erzeugt werden.
Wagenfeld hat mit seiner Tischleuchte MT8 diese Einfachheit in der Realität genial umgesetzt. Der Leitsatz des Bauhauses “Kunst und Handwerk eine Einheit” wurde ab 1923 von Gropius zur “Einheit aus Kunst und Technik” erweitert. In der Metallwerkstatt sollten nun mittels einer neuen Formsprache schöne und kostengünstige Design-Objekte entstehen. Wagenfelds Lampe von 1924 war formal durch ihre genau aufeinander abgestimmten Proportionen des Fußes, Schafts und Glaskuppel stimmig entworfen und entsprach damit dem auf Funktion reduzierten Designanspruch des Bauhauses.
„Die Produkte des Bauhauses sind eigentlich nicht das Entscheidende, sondern die Richtung mit der wir eine Methode vorwärts getrieben haben. Das Bauhaus ist eine Idee der Methode, die ebenso lebendig heute angewendet werden kann wie vor dreißig Jahren.n“
Walter Gropius in einem Fernsehinterview aus dem Jahr 1967
Der „Lattenstuhl ti 1a” wurde von Marcel Breuer für die Bauhaus-Ausstellung im Haus am Horn entworfen. Im Film sehen wir, wie Gropius in der Werkstatt an dem Modell-Stuhl vorbeiläuft und anmerkt, dass doch eine gewisse Ähnlichkeit zu einem Rietveld-Stuhl bestünde.
„Der Ausgangspunkt für den Stuhl war das Problem des bequemen Sitzens, vereinigt mit einfachster Konstruktion”, so Marcel Breuer 1925. Der Stuhl sollte hohen Sitzkomfort bei gleichzeitig minimalistischem Design aufweisen. Für die Fabrikation des Stuhls wies ein Großteil der verwendeten Latten identische Maße aus und die Sitzfläche wurde aus Stoffbespannungen aus der Bauhaus-Weberei hergestellt. Dieses reduzierte Materialkonzept wies ideale Voraussetzungen für die industrielle Massenproduktion auf. Letztendlich wurde jedoch Breuers Lattenstuhl, so wie viele andere Bauhaus-Produkte, nur in geringer Stückzahl manuell hergestellt. Der Rietveld-Stuhl war hingegen ideal für die Massenproduktion geeignet.
Gropius fordert im Film die Reduktion des Designs aufs Wesentliche. In der Realität ist das sehr deutlich am Schachspiel von Josef Hartwig zu erkennen.
Der Gestalter des Bauhaus-Schachspiels Josef Hartwig schuf eines der konsequentesten Bauhaus-Produkte, indem er die traditionellen Schachfiguren auf ihre Funktion reduzierte. Es entstand ein Figurenensemble aus Würfel, Zylinder und Kugel. Die Größe und Form stellen den Stellenwert der jeweiligen Figur dar. Dabei ging Hartwig nach rigiden mathematischen Prinzipien vor. So entspricht beispielsweise “die Diagonale des Würfels der Offiziers-Figuren der Kantenlänge eines Spielfeld-Quadrats und die Diagonale des kleinen Würfels der Kantenlänge des Turms”. Mit seiner durchdachten Logik spiegelt Hartwig das Bauhaus-Dogma imposant wieder: “Schön ist, was funktioniert”.